Das Thema von Eriko Yamazaki‘s aktuellen Projekt ist „Wachstum“. Seit 2015 hat sie angefangen, ihre Skulpturen aus nun hauptsächlich zwei Materialkomponenten zu bauen. Sie sind eine Kombination von einer Papiermaché-Struktur und einem Gegenstand. Die Papiermaché-Struktur hat eine organische Form, die pilz- oder nestartig aussieht. Die Gegenstände sind z.B. eine Tür, ein Fenster, ein Fahrrad, eine Flasche, ein Spiegel und dies Mal hat sie einen Container als ein Gegenstand ausgesucht. Die Gegenstände haben irgendeine praktische Funktion.
Durch das Auftauchen eines „Migranten“ (die Papiermaché-Struktur) verlieren die Gegenstände ihre ursprüngliche Funktionalität oder die Funktionalität wird behindert – aber daraus resultiert auch ein neuer Sinn des Seins, eine neue Präsenz, ein neuer Charakter, eine neue Atmosphäre und eine neue Ästhetik des Köpers. Die Papiermaché-Struktur spielt die Rolle als der „Migrant“ und der Gegenstand ist wie der „vorheriger Einwohner“. An ihren Skulpturen sind diese beiden Rollen klar zu erkennen. Der Migrant dringt in den Platz ein, den der vorherige Einwohner allein bewohnt hatte. Wenn der Migrant vom vorherigen Einwohner akzeptiert wird, müssen beide zusammen einen Kompromiss finden, wie sie möglichst die Lebenssituation füreinander verbessern können. Wichtig ist für Eriko Yamazaki die Beziehung zwischen dem Migranten und dem vorherigen Einwohner. Eigentlich sind Menschen schon immer ein- und ausgewandert. Die Globalisierung gibt es erst seit diesem Jahrhundert. 2006 ist sie nach Berlin ausgewandert. Sie mag das Wort „Migrant“ nicht, weil jeder ein Mensch wie jeder
andere auch ist. Aber hier benutzt sie bewusst das Wort „Migrant“ und „vorheriger Einwohner“, damitsie ihre Idee klar erklären kann. Wenn wir den Standpunkt von der Beziehung zwischen dem Migranten und dem vorherigen Einwohner in konstruktiver Weise denken könnten, könnten wir besser unser zukünftiges Leben entwickeln und planen. Die erste Aufnahme ist sehr schwierig, aber in jeder Lebenssituation gibt es immer Vorteile und Nachteile. Man soll keine Angst vor den Lebensumständen haben.
In ihrer Arbeit ist auch die Zeit eine wichtige Komponente, da sie sich in ihren plastischen Werken mit dem Wechsel von Materialzuständen, Vergehen, Verfall, Neuformierung und ökologischen Veränderungen auseinandersetze.
Die Skulpturen wurden nach und nach, Stück für Stück übereinander gebaut, immer wenn die untere Schicht getrocknet ist. Es ist vergleichbar mit der Art, wie die Ameise oder die Wespe ihr Nest errichtet. In ihrer Materialbezogenheit erfahren ihre Skulpturen keine Vollendung, sondern sie wachsen oder verändern sich weiter, sie leben und sterben. Es befindet sich unter ihrer Haut nur noch die Zeit; was davor geschehen ist und danach geschieht und was geschehen wird.
Die Skulpturen entsteht aus alten Verpackungsmaterialien wie Papier und Karton. Und das Vermischen mit Ton verleiht dem an sich flatterhaften Werkstoff Papier eine ungewöhnliche Stabilität. Je nach Mischungsanteil lassen sich daraus ganz unterschiedliche Verarbeitungskonsistenzen entwickeln. Für Eriko Yamazakis Kunst ein unerschöpflicher und besonderer Material-Mix, der sich mittlerweile fast
schon zu ihrem Markenzeichen entwickelt hat.
Auf den ersten Blick lässt sich schwer sagen, ob die daraus entstandenen Oberflächen nun hart oder weich, die Skulpturen massiv oder eher filigran sind. Diese Irritation ist durchaus beabsichtigt, denn erst durch den Moment der Überraschung wird eine neue Sinneswahrnehmung möglich. Und darum geht es der Künstlerin in all ihren Arbeiten.
Auch wenn sie sich bei ihren organisch wuchernden Gebilden durchaus von realen Einzelelementen aus der Natur inspirieren lässt, will sie es doch dem Betrachter überlassen, sich vorzustellen, was das überhaupt ist.